Religionsfreiheit, Toleranz, Pluralität

Religionsfreiheit, Toleranz, Pluralität

Mittwochstreff im September 2013 in Grötzingen


An dem gut besuchten Abend im Martin-Luther-Haus in Grötzingen sprachen unsere muslimische Vorsitzende, Frau Schmitt-Hiba, und der ehemalige Leiter des Religionspädagogischen Instituts der Evangelischen Landeskirche in Baden, Herr Marggraf, über Religionsfreiheit und Toleranz in Christentum und Islam. Ein angeregtes Gespräch mit den Teilnehmenden schloss sich an. Zu dem Abend hatten wir, die Christlich-Islamische Gesellschaft Karlsruhe e.V. (CIGK), zusammen mit der katholischen, evangelischen und methodistischen Gemeinde in Grötzingen eingeladen.

„Es gibt keinen Zwang im Glauben.“ (Sure 2, 256) So begann die muslimische CIGK-Vorsitzende, Ingeborg Schmitt-Hiba, ihre Ausführungen und untermauerte dies mit einer weiteren Stelle aus dem Koran:

Sure 5, 48  „Für jeden von euch (die ihr verschiedenen Bekenntnissen angehört) haben wir ein (eigenes) Brauchtum (? schir`a) und einen (eigenen) Weg (minhaag) bestimmt. Und wenn Allah gewollt hätte, hätte er euch zu einer einzigen Gemeinschaft (umma) gemacht. Aber er (teilte euch in verschiedene Gemeinschaften auf und) wollte euch (so) in dem, was er euch (von der Offenbarung) gegeben hat, auf die Probe stellen. Wetteifert nun nach den guten Dingen! Zu Allah werdet ihr (dereinst) allesamt zurückkehren. Und dann wird er euch Kunde geben über das, worüber ihr (im Diesseits) uneins waret“.

Aus dieser Sicht des Koran stellen sich die militärischen und terroristischen Konflikte und Kriege als Missbrauch des Islam dar. Frau Schmitt-Hiba machte deutlich, wie sehr sie als Muslimin unter dieser Situation leide.

Pfarrer i. R. Eckhart Marggraf stellte klar, dass Religionsfreiheit, Toleranz und Pluralität keine biblischen Begriffe sind, sondern im Rahmen der Aufklärung politisch erkämpft werden mussten. Er erinnerte daran, dass genau vor 1.700 Jahren das Christentum im Römischen Reich aus einer verfolgten Religion zu einer geduldeten wurde. Als achtzig Jahre später daraus eine Staatsreligion wurde, wurden die bisherigen Religionen unterdrückt und verfolgt. Das Bündnis von Religion und Macht steht der Religionsfreiheit und der Toleranz im Weg. In der Geschichte Mitteleuropas sind wir bis zum heutigen Tage von den tiefen Wunden der Religionskriege im Gefolge der Reformation geprägt, in denen die Zugehörigkeit zu einer Konfession als Machtmittel politisch missbraucht wurde. Erst die Erklärung der Menschenrechte, die weithin gegen die Religionsgemeinschaften durchgesetzt werden musste, hat zu einer neuen Sicht von Religion in einer pluralen Gesellschaft geführt. Zunächst war der Begriff Toleranz ein Kampfbegriff gegen den Einfluss der Religionen. Heute müssen sich Religionsgemeinschaften an ihrer Fähigkeit zu Toleranz und Pluralität messen lassen. Es war ein langer Weg, den die christlichen Kirchen von der „geschlossenen“ zur „offenen Gesellschaft“ gehen mussten. Andere Gesellschaften der Welt stehen noch vor diesem Weg.

Da nach christlichem Verständnis der Glaube eine Gabe Gottes ist, über die der Mensch nicht bestimmen kann, kann es weder Zwang zum Glauben noch eine Benachteiligung wegen des Unglaubens geben. Der Apostel Paulus gab die Devise aus: „Prüft alles, das Gute behaltet!“ Das könnte ein Kriterium im Verhalten zu anders Glaubenden und Denkenden sein.

In der anschließenden Gesprächsrunde wurden hauptsächlich Fragen an Frau Schmitt-Hiba gestellt, z. B. was laut Koran mit Menschen geschehen soll, die vom Islam abfallen, oder ob Nichtmuslimen das Betreten einer Moschee erlaubt ist. Welche Zeichen der Toleranz und der Gleichbehandlung des Islam in unserer Gesellschaft könnten hilfreich sein?